Wie ein Scale-up aus Brabant die Spargelernte revolutioniert
Das niederländische Hightech-Scale-up Cerescon hat den weltweit ersten Spargelernte-Roboter entwickelt. Damit wird nicht nur der Personalmangel behoben. Es könnte sogar verhindert werden, dass der Sektor völlig aus Westeuropa verschwindet.
In den vergangenen Monaten waren Spargelbauer regelmäßig in den Nachrichten. Der Grund: In dieser Saison haben sie mit einem besonders extremen Personalmangel zu kämpfen. Die Ernte des „weißen Goldes“ zwischen Anfang April und Ende Juni ist seit jeher arbeitsintensiv und im wahrsten Sinne des Wortes Handarbeit. Jedes Jahr ist es für Spargelanbauer daher eine Herausforderung, geeignetes Personal für das Schneiden des Gemüses zu finden. Die Corona-Krise hat dieses Problem allerdings noch weiter verschärft. Für DNHK-Mitglied Cerescon der perfekte Zeitpunkt, um eine automatische Spargel-Erntemaschine auf den Markt zu bringen.
Wie man mit einer guten Idee beginnt
Die Idee für den Roboter entstand vor einigen Jahren eher zufällig. „Mein Ehemann Ad Vermeer ist Erfinder. Bei einem Familiengeburtstag fragte ihn sein Bruder Marc, selbst Spargelbauer, ob er denn nicht eine Erntemaschine entwerfen wolle“, erzählt Thérèse van Vinken, Generaldirektorin von Cerescon. Marc berichtete, dass es immer schwieriger würde, Saisonarbeiter zu finden. Zudem sei in Deutschland, Europas größtem Spargelland, damals gerade ein neues Gesetz in Kraft getreten, das den Mindestlohn für Spargelschneider deutlich anhob. „Viele deutsche Spargelbauern spielten deshalb mit dem Gedanken, ihren Betrieb in ein Billiglohnland zu verlagern“, so Thérèse van Vinken. Dadurch drohte der Spargelanbau aus Westeuropa für immer zu verschwinden. Die Lösung? Die Automatisierung der Ernte.
Schnell fanden die Brüder heraus, dass schon früher Spargel-Erntemaschinen entwickelt worden waren. Allerdings ohne Erfolg. Denn das „weiße Gold“ ist schwer aufzuspüren. Der Mensch sieht den Spargel deutlich aus dem Beet hinausragen, aber eine Kamera erkennt kaum einen Unterschied zwischen einer Spargelspitze und einem zufälligen Schimmern im Sand.
Weniger Verlust, mehr Gewinn
Die unterirdische Ortung erwies sich als der richtige Ansatz. Thérèse schloss sich den Brüdern bald als Handelskraft an, Cerescon war geboren. Leider erlebte Marc nur den Anfang der Erfolgsgeschichte: Im Dezember 2014 verstarb er. Ad und Thérèse machten gemeinsam weiter. In enger Zusammenarbeit mit der Universität Wageningen und einer Gruppe innovativer, niederländischer Landwirte, entwickelte Cerescon einen Spargelernter, der mit einem Sensor Wasser erkennt. Da ein Spargel hauptsächlich aus Wasser besteht, ist die Maschine in der Lage, das Gemüse schnell und selektiv zu schneiden. Der Roboter ersetzt etwa 25 sogenannte Cutter. „Da die Maschine sehr präzise ernten kann, gibt es weniger Verluste“, sagt van Vinken. Beim Ernten mit der Hand würde hingegen rund 30 Prozent der Ernte verloren gehen. „Tests zeigen auch, dass der Spargel von besserer Qualität ist, weil er geerntet wird, bevor er aus dem Boden kommt.“
Deutschland ist der wichtigste Markt
Auch im Ausland ist das Interesse an der niederländischen Erfindung groß. 2017 erhielt die Maschine den Innovationspreis der Expo SE Karlsruhe. „Mit 274.000 Hektar Spargelboden ist Deutschland für uns der wichtigste Markt“, sagt van Vinken. „Wenn man das mit 3.400 Hektar in den Niederlanden und 4.000 Hektar in Frankreich vergleicht, überrascht es nicht, dass wir uns auf unsere östlichen Nachbarn fokussieren.“
Die ersten Kontakte in Deutschland waren rasch geknüpft. Schnell hatte sie einen Termin bei einem der größten deutschen Züchter und war gut vorbereitet. Doch vor Ort stellte sich heraus, dass der Mann kein Wort Englisch sprach. „Das war ein bisschen unangenehm. Als ich nach Hause kam, habe ich sofort an meinem Deutsch gearbeitet und ein Glossar mit Fachausdrücken erstellt.“
Wachsen jenseits der Grenze
In dieser Saison wird der selbstfahrende Raupen-Ernte-Roboter bei mehreren Landwirten in den Niederlanden und Deutschland vorgeführt. Cerescon hofft, die ersten Maschinen im kommenden Jahr verkaufen zu können, drei davon in Deutschland. Selbst aufgelegte Bedingung dafür ist, dass sie die Maschinen mit einem Servicevertrag liefern können. Zu diesem Zweck führt van Vinken bereits Gespräche mit mehreren Händlern in Deutschland. „In fünf Jahren wollen wir auf einen Absatz von 150 Maschinen pro Jahr wachsen.“
Text: Anouk Vanwersch
Fotos: Cerescon
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