Wie der niederländische Gartenbau auf fossilfreie Gewächshäuser hinarbeitet
Der niederländische Gartenbau ist noch zu sehr von Erdgas abhängig und arbeitet an einem Übergang zum fossilfreien Gewächshaus. Der Forscher Eric Poot von der Universität Wageningen (WUR) ist mit verschiedenen Testprojekten an diesem Übergang zum fossilfreien Gartenbau beteiligt.
Die Senkung der Gasgewinnung in Groningen und der Krieg in der Ukraine haben deutlich gemacht, dass der niederländische Gartenbau von seiner Abhängigkeit von Gas wegkommen muss. Der Energiemonitor 2019 von Nico van der Velden und Pepijn Smit von der Universität Wageningen (WUR) zeigt zwar, dass der Anteil von Erdgas an der Energieversorgung zwischen 2010 und 2019 von 88 % auf 78 % gesunken ist, macht aber auch deutlich, dass es noch ein weiter Weg ist, bis der niederländische Gartenbausektor klimaneutral ist.
Eric Poot und seine Kollegen erforschen im Rahmen des WUR-Projekts „Gewächshaus der Zukunft“ in Bleiswijk, wie der Gartenbau diesen Übergang am besten umsetzen kann. „Aufgrund des Kriegs sind die Energiepreise so stark gestiegen, dass mehrere Gewächshäuser stillgelegt wurden, weil der Anbau nicht mehr bezahlbar ist.“ Poot sprach mit einem Tomatenzüchter, der eines seiner drei beleuchteten Gewächshäuser nicht in Betrieb hat. „Der traditionelle Tomatenanbau war nicht mehr bezahlbar.“
Der Energiemonitor 2019 zeigt, dass rund 10 % der Gewächshäuser mit erneuerbaren Energien betrieben werden. „Einige Pioniere in der Branche haben bereits erkannt, dass der Wandel unausweichlich ist, und haben zum Beispiel in Geothermie investiert. Sie sind jetzt erheblich weniger von den hohen Energiepreisen betroffen.“ Die Beleuchtung eines Gewächshauses beginnt in der Regel bereits im September und dauert bis Mai oder sogar Juni. Der meiste Strom im Gartenbau wird übrigens immer noch aus Erdgas in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) erzeugt, die neben Strom auch Wärme und CO2 erzeugen, was für den Wachstumsprozess wichtig ist.“
Niederländischer Gartenbau will vor 2040 klimaneutral sein
Die Frage, wann der niederländische Gartenbausektor klimaneutral sein wird, ist heute dringender denn je. Die Forschung von Eric Poot findet im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft statt, an der das Wirtschaftsministerium, die WUR und die Gartenbaubranche beteiligt sind. „Vor einigen Jahren haben wir das Gewächshaus2030 (Kas2030) in Bleiswijk gebaut, wo wir diese Frage auf verschiedene Arten untersuchen. Das offizielle Ziel ist es, den Gartenbau bis 2040 klimaneutral zu stellen.“
Auf 350 m2 werden vier verschiedene Pflanzenkulturen angebaut, um die Möglichkeiten und Herausforderungen eines fossilen und emissionsfreien Anbaus zu demonstrieren: Erdbeere, Gerbera, Freesie und Topfanthurie. Im Gewächshaus werden Energie, Wasser, Nährstoffe und die Gesundheit der Pflanzen beobachtet.
Die neue Art des Anbaus: Suche nach dem optimalen Gleichgewicht
Vor über zehn Jahren entwickelten Poot und sein Team die Methode „Die neue Art des Anbaus“, mit der die Erzeuger mehrere dutzend Prozent Energie einsparen können. Eine Methode, die regelmäßig auf Grundlage neuer Erkenntnisse aktualisiert wird. „Wir haben gezeigt, dass wir den durchschnittlichen Gasverbrauch pro Quadratmeter halbieren können (von etwa 40 auf etwa 20 m3 pro Quadratmeter). Unsere neue Herausforderung besteht darin, diesen Wert erneut zu halbieren (unter 10 m3 pro Quadratmeter).
Licht ist entscheidend für das Wachstum von Pflanzen und einer der größten Stromverbraucher in Gewächshäusern. „Als Faustregel kann man sagen, dass 1 % mehr Licht auch 1 % mehr Ertrag bedeutet. Man kann also in einem Land mit dunklen Monaten wie den Niederlanden nicht einfach das Licht ausschalten.“ Allerdings kann man energieeffiziente Lampen verwenden: LED-Leuchten anstelle der herkömmlichen Natriumdampf-Hochdruckleuchten. Sie können die LED-Beleuchtung auch zu den richtigen Zeiten dimmen oder ausschalten, sagt Poot. „Hier suchen wir nach dem bestmöglichen Gleichgewicht. Mit Hilfe von Überwachungsgeräten beobachten wir die genaue Lichtmenge, die auf die Pflanze fällt, die Photosynthese und den Zeitpunkt, zu dem sich die Spaltöffnungen der Pflanze schließen. Wenn die Spaltöffnungen geschlossen sind, benötigt die Pflanze kein Licht und die Beleuchtung kann ausgeschaltet werden.“
Mithilfe einer speziellen KI-Software können die Forscher nun anhand von Umweltfaktoren vorhersagen, wann sich die Spaltöffnungen schließen und wieder öffnen. „Zum Beispiel wird das Licht nur dann eingeschaltet, wenn es benötigt wird, dadurch wird bereits viel Energie eingespart.“
Alle paar Jahre führt diese Art von Forschung zu einer neuen Anbauvision, die es dem niederländischen Gartenbau ermöglicht, wirtschaftlicher anzubauen. „Das ist das Besondere an den Niederlanden. Weil wir in dieser öffentlich-privaten Partnerschaft wirklich langfristig arbeiten können, können die Forscher weiter auf das fossilfreie Gewächshaus hinarbeiten, das in der Praxis eingesetzt werden kann.“
Energiewende – große Veränderung für Gartenbauer
Als die niederländische Regierung beschloss, nach Erdbeben die Gasförderung in Groningen zurückzufahren, erregten die Untersuchungen von Poot und seinem Team mehr Aufmerksamkeit. „Wir haben dann viele zusätzliche Fragen zu unseren Forschungsergebnissen und zu praktischen Lösungen erhalten. Deshalb haben wir dann eine Vortragsreihe für Gartenbauer veranstaltet.“
Ein Gartenbauer kann nicht einfach über Nacht von Erdgas auf Erdwärme umsteigen oder Restwärme aus der Industrie nutzen. „Trotzdem sieht man, dass viele Erzeuger bereits mit Einsparungen begonnen haben. Denken Sie an die Isolierung, aber auch an die Reduzierung der Beleuchtung um ein paar Stunden pro Tag.“
Deutsch-niederländische Zusammenarbeit
Die Entwicklungen in den Niederlanden werden in Deutschland mit Interesse verfolgt, da viel niederländisches Gemüse aus Gewächshäusern importiert wird. „Die Supermärkte wollen vielleicht in Zukunft Obst und Gemüse ohne fossile Brennstoffe verkaufen.“ Aber auch die deutschen Erzeuger profitieren vom niederländischen Wissen über Gewächshaustechniken. „Die Niederlande gehören zu den Weltmarktführern in der Gewächshaustechnologie und die verkaufen wir weltweit.“
Verschiedene Interreg-Projekte zwischen Deutschland und den Niederlanden befassen sich mit grenzüberschreitenden Innovationen im Gartenbau. In Deutschland ist Agrobusiness Niederrhein e.V. ein wichtiger Akteur in diesem Bereich.
Die Tatsache, dass der niederländische Gartenbausektor weltweit führend ist, hat laut Poot viel mit der Art und Weise der Zusammenarbeit zu tun. „Unsere öffentlich-private Partnerschaft ist ein Beispiel dafür. Wir sorgen für Co-Creation. Das ist möglich, weil wir nah beieinander und offen für eine sehr enge Zusammenarbeit sind.“
Und diese Art der Zusammenarbeit bringt eine fossilfreie Gartenbaubranche näher, meint Poot. „Aber um die gesamte Branche frei von fossilen Brennstoffen zu machen, muss der Übergang zu Energie aus Wind und Sonne noch vollzogen werden.“ Er geht davon aus, dass (Bio-)Gas auch in Zukunft eine Rolle zur Sicherung spielen wird. „Außerdem können Geothermie, Wasserstoff, Abwärme und aquathermische Energie eine Rolle spielen.“
Text: Bertus Bouwman
Foto: Steven Weeks
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