Wasserstoff als Katalysator der Energiewende
Wasserstoff ist kein Allheilmittel – aber sehr wichtig für die Erreichung der Klimaziele. Darum sind es gute Nachrichten, dass die Europäische Kommission den Energieträger in ihrer Wasserstoffstrategie 2020 „wesentlich“ für die CO2-Neutralität im Jahr 2050 nennt. Die Niederlande und Deutschland haben diesen Weg bereits eingeschlagen, darum sollten wir die ganze Wasserstoffkette gleich grenzüberschreitend entwickeln. So umgehen wir viele zukünftige Hürden.
Im Moment wird Wasserstoff hauptsächlich aus Erdgas hergestellt – ein Prozess, bei dem CO2 freikommt. Interessant für die Energiewende ist dagegen vor allem der sogenannte grüne Wasserstoff, als Grundstoff und als Treibstoff. Grüner Wasserstoff wird gewonnen, indem man Wasser mit Strom aus beispielsweise Sonnen- oder Windenergie durch Elektrolyse in Wasserstoff umsetzt. Wasserstoff ist ziemlich einfach in großer Menge zu speichern. Dadurch ist er ein guter Energiepuffer für den Fall, dass gerade keine Wind- oder Sonnenenergie produziert wird. Noch ein Vorteil: Wasserstoff ist relativ einfach und kostengünstig in großen Volumen zu transportieren, mit wenig Verlust an Energie.
Über den eigenen Tellerrand schauen
Die europäische Ambition ist klar, aber der Weg dahin ist eine große Herausforderung. Marktspieler werden über ihre eigenen Interessen hinaus denken und Staaten über Landesgrenzen hinausschauen müssen. Das gilt auch für Gasunie. Wir sind sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden aktiv und sehen vergleichbare Entwicklungen an beiden Seiten der Grenze. Gasunie arbeitet so viel wie möglich mit der Industrie, Energiebetrieben und Häfen zusammen, so dass die notwendigen Kenntnisse und Technologien noch schneller entwickelt werden können. Ein gutes Beispiel ist NortH2, ein großangelegtes Projekt, bei dem Wind auf der (Nord-)See durch Elektrolyse Wasserstoff an Land wird.
Deutsch-niederländische Kooperation
Energie hört nicht an der Grenze auf. Ich erwarte, dass der grenzüberschreitende Charakter von Energie weiter zunehmen wird. Deutschland erwartet einen steigenden Importbedarf für Wasserstoff und wichtige deutsche Industriecluster liegen in der Nähe der niederländischen Grenze. Die Niederlande können hier mit ihren Häfen und der Lage an der Nordsee eine Rolle spielen und so Import von Wasserstoff aus den Niederlanden nach Deutschland ermöglichen. Mit relativ kleinen Änderungen können wir die jetzt schon vorhandene Erdgasinfrastruktur für Wasserstoff geeignet machen. Gemeinsam die optimale Route wählen, um unsere Industriecluster nachhaltiger zu gestalten, ist daher meiner Meinung nach der richtige Kurs. Und auch so schnell wie möglich die geplante niederländische und deutsche Wasserstoffinfrastruktur in einem integrierten Marktgebiet aneinander koppeln.
Gesetzgeber muss Wirtschaft unterstützen
Dabei muss sich die Gesetzgebung schnell genug mitbewegen. Auch die Skalierung und Finanzierung sind wichtige Themen. Sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden müssen wir das Huhn-Ei-Problem lösen. Ohne die Produktion von Wasserstoff werden Endnutzer nicht einsteigen; ohne Endnutzer wird die Produktion nicht in die Gänge kommen. Eine Infrastruktur kann diesen Kreis durchbrechen, da Angebot und Nachfrage sich besser finden können. Auch hier werden wir zusammenarbeiten müssen. Und wir müssen rechtzeitig anfangen. Für die Infrastruktur gilt nämlich eine ziemlich lange Vorlaufzeit: Fünf bis zehn Jahre sind keine übertriebene Schätzung. Zudem kann das Risiko nicht nur beim Markt liegen. Unsere Regierungen werden ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellen müssen.
Wasserstoff ist keine nationale Aufgabe
Bei Gasunie sind wir bereit, den Schritt Richtung Wasserstoff zu setzen, aber niemand kann das allein. Wasserstoff ist eine europäische Mission, bei der öffentlich-rechtliche und private Parteien an einem Strang ziehen müssen. Die Niederlande und Deutschland haben die Chance, hier eine Vorreiterrolle zu spielen. Wasserstoff ist nicht nur ein Katalysator für die Energiewende, sondern beschleunigt auch eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern. Zusammen erreichen wir mehr in der Energiewende und können auf dem Gebiet von Wasserstoff weltweit führend werden!
Autor: Han Fennema, CEO Gasunie Foto: Gasunie