Über die Grenze – und dann?
Wo fängt man an, wenn ein niederländisches Unternehmen sich im Nachbarland versuchen will? Die Stadt Den Haag hilft Unternehmern beim Eintritt in den deutschen Markt – in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Niederländischen Handelskammer. Hier einige Tipps.
Ein guter Ausgangspunkt: die kulturellen Unterschiede. Niederländer werden von Innovationen und Rabatten angezogen, Deutschen sind Garantien und Sicherheiten wichtiger. Was also tun – sich anpassen oder den eigenen Stil bewahren? Das kommt auf die Branche an. Das Haager Startup Seepje – Hersteller organischer Wasch- und Reinigungsmittel – stellte fest, dass ihre deutschen Kontakte in jungen Unternehmen inzwischen gerne Englisch kommunizieren. „Das informelle Tschüß, mit dem wir unsere E-Mails beenden, kommt in Deutschland auch gut an“, sagt Mitgründer Jasper Gabrielse.
Elektronikkonzern Philips dagegen ging den anderen Weg und passte sich an: Auf der niederländischen Webseite stehen Zukunft und Innovation zentral, die deutsche Webseite erzählt von den Erfolgen des Unternehmens. Um als Unternehmen den richtigen Kommunikationsstil zu finden, sollte man einen Profi hinzuziehen, der Inhalte nicht nur übersetzt, sondern direkt auf die neue Zielgruppe zuschneidet.
Länderspezifische Anforderungen als Hindernis
Schritt Nummer Zwei: Das Produkt gegebenenfalls an deutsche Vorschriften oder kulturelle Präferenzen anpassen. Die Haager Brauerei Kompaan zum Beispiel muss ihre Recycling-Flaschen auf dem deutschen Markt durch Pfandflaschen ersetzen. Denn hier fordern die großen Einzelhändler, dass Flaschen gereinigt und wiederverwendet werden. „Und um in Deutschland zu wachsen, braucht man diese Einzelhändler“, resümiert Kompaan-CEO Jeroen van Ditmarsch. Auch der richtige Verkaufspreis ist von großer Bedeutung – zusätzliche Kosten wie Pfandabwicklung und Rücknahme von Verpackungen dabei nicht vergessen.
Zielgruppenorientierter Standort
Und dann ist da noch der Standort. Entscheidende Frage hierbei: Wo sind Ihre Kunden? Das hat Dyflexis, Spezialist für Personalplanungs-Software, lernen müssen. Berlin schien die naheliegende Wahl zu sein: Metropole, viele Unternehmer, große Start-up-Szene. „Wir haben jedoch festgestellt, dass potenzielle Kunden eher im Westen Deutschlands sitzen“, sagt Mitbegründer Thomas van den Ende. Also ging es für Dyflexis wieder zurück nach Den Haag, von wo aus auch die westdeutschen Kunden gut erreichbar sind.
Womit fängt man also an, wenn man es in Deutschland schaffen will? Mit Marktforschung. Obwohl Deutsche und Niederländer viel gemeinsam haben, ist es doch entscheidend zu verstehen, wie deutsche Kunden und der deutsche Markt genau ticken.
Autor: Hendrike Oosterhof
Foto: Eyeretina