Soziale Mundschutz-Masken
Normalerweise produziert i-did Design-Produkte aus recyceltem Filz – aus Textilresten und ausgedienter Arbeitsbekleidung. Alte Uniformen der niederländischen Fluggesellschaft KLM werden zu hellblauem Filz, ausgediente Mitarbeiterkleidung des Freizeitparks Efteling ist die Basis für märchenhaft-blauen Filz. Jetzt werden in den sozialen Nähereien in Utrecht und Den Haag Mundschutz-Masken und Schürzen hergestellt. Michiel Dekkers, CEO von DNHK-Mitglied i-did, sprach mit uns über dieses neue Business-Model und wie es zur Müllreduzierung in Zeiten von Corona beiträgt.
Vom Design zum Mundschutz, das klingt nach Herausforderung!
Schon kurz nach Beginn des Lockdowns war klar, dass ein großer Mangel an Atemschutzmasken drohte. i-did wollte hier aushelfen und wir haben sofort Partner für die gemeinsame Produktion von Atemschutzmasken für Krankenhäuser gesucht. Das war allerdings nichts so einfach. Vor allem die Zertifizierung dieser Produkte ist ein komplizierter Prozess.
Sind Sie diesen Weg dann nicht gegangen?
Es wurde uns schnell klar, dass das sehr lange dauern würde. i-did hat aber zwei erstklassige Nähereien, wo engagierte Mitarbeiter sofort mit der Herstellung von Mundschutz-Masken anfangen konnten. Darum haben wir einen Lieferanten für zertifizierte Textilien gesucht und gefunden: Georg + Otto Friedrich aus Groß-Zimmern bei Darmstadt. Dieses Unternehmen hat 70 Jahre Erfahrung in der Textilproduktion und konnte uns den richtigen Stoff mit einer niedrigen Durchlässigkeit sofort liefern. Ein weiterer Vorteil ist, dass dieser Stoff auch bedruckt werden kann, und wir die Mundschutz-Masken für Unternehmen so personalisieren können. Noch fehlt uns vielleicht ein offizielles Gutachten, aber dank des zertifizierten Stoffs, bieten unsere Mundschutz-Masken sehr viel mehr als nur Scheinsicherheit.
Ihre Mundschutz-Masken sind also nicht für Arbeitnehmer im Gesundheitswesen bestimmt. Für wen dann?
Aktuell ist man in den Niederlanden noch nicht dazu verpflichtet eine Mundschutz-Maske zu tragen, im Gegensatz zu benachbarten Ländern. Trotzdem entscheiden viele Unternehmen sich dazu, ihren Mitarbeitern Mundschutz-Masken zur Verfügung zu stellen. Wir arbeiten gerade zum Beispiel an einem Auftrag für ein großes Online-Unternehmen, das die Mitarbeiter in den Vertriebszentren schützen will. Für diesen Auftrag stellen wir in unserem Atelier in Den Haag rund 1.000 Atemschutzmasken pro Tag her. Unsere eigene Produktlinie ist ab Mitte Mai erhältlich, so können wir auch Unternehmen beliefern, die kleinere Mengen benötigen.
Normalerweise verarbeiten Sie recycelte Textilien. Wie passt das in eure Philosophier einer zirkulären Wirtschaft?
Sicherheit steht bei uns an erster Stelle, und dadurch wurde auch unsere Stoffauswahl bestimmt. Die Atemschutzmasken die im Gesundheitswesen verwendet werden, sind meistens Einwegmasken. Die Mundschutz-Masken die wir produzieren, bieten einen ausreichenden Schutz in der Eineinhalb-Meter-Gesellschaft und sind zudem wiederverwendbar: Unsere Gesichtsmaske kann 50-100 Mal gewaschen werden. Damit hoffen wir, das durch Corona verursachten Abfallaufkommen zu verringern.
Auch Ihre Mitarbeiter gehören teilweise zu Risikogruppen. Wie gewährleisten Sie ein sicheres Arbeitsumfeld?
i-did gibt Menschen, die seit längerer Zeit Sozialhilfeempfänger sind, Beschäftigungsmöglichkeiten. Unsere Mitarbeiter sind sehr motiviert. Wir haben erst zehn Tage geprobt und das Atelier neu eingerichtet. Dann haben wir das Protokoll weiter verschärft, neue Arbeitstische besorgt, Maschinen neu aufgestellt und Lauflinien markiert. Wir arbeiten mit vielen Ehrenamtlichen und haben an unserem Standort in Utrecht jemanden abgestellt, der die Sicherheit im Blick behält. Am Anfang waren die Mitarbeiter noch etwas unsicher, aber inzwischen hat sich jeder an den neuen Normalzustand gewöhnt.
Wie läuft das Geschäft ansonsten?
Wir arbeiten noch immer mit IKEA zusammen und im letzten Jahr durften wir für KLM zum 100-jährigen Jubiläum eine coole Produktlinie produzieren. Aus ausgedienten Stewardess-Uniformen haben wir Taschen und andere Gadgets hergestellt. Momentan muss das KLM-Personal am Boden bleiben und einige KLM-Mitarbeiter helfen uns jetzt in der Werkstatt in Utrecht. Das ist auch dringend notwendig, denn vor kurzem sind wir mit der Produktion von Schutzschürzen für Arbeitnehmer im Gesundheitswesen gestartet. Dieses Projekt ist eine Kooperation mit zwei anderen niederländischen sozialen Werkstätten, Makers Unite und Vanhulley. Inzwischen wurden die ersten 15.000 Schürzen produziert und rund 50 Mitarbeiter sind täglich mit diesem Auftrag befasst. Wir möchten in dieser Zeit soziale Verantwortung übernehmen, und das scheint uns zu gelingen.
Text: Anouk Vanwersch. Foto: Pixabay