Schau mir in die Augen, Kleines!
Wohin schauen Kunden zuerst auf Ihrer Webseite? An welchem Produkt in Ihrem Onlineshop bleiben sie am längsten hängen? Und könnte Ihr Unternehmen durch ein paar kleine Anpassungen vielleicht noch mehr Umsatz machen? Wichtige Fragen. Die Antworten liefert Eye-Tracking. Dank des deutschen Startups Oculid jetzt auch per Smartphone.
„60 Prozent aller Internetnutzer gehen mobil online“, weiß die promovierte Psychologin Antje Venjakob. Gemeinsam mit ihren Studienfreunden Klaas Filler und Stefan Ruff hat sie 2018 Oculid gegründet. Das Ziel: Marketing- und UX-Abteilungen von großen und kleinen Unternehmen in die Lage zu versetzen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. „Wir können dabei helfen, Werbekampagnen, Webseiten, App-Prototypen und Onlineshops wirklich kundenansprechend zu machen“, so Venjakob.
Die Methode ist erprobt: Eye-Tracking, also das Nachverfolgen der Augenbewegungen, wird schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts eingesetzt. Psychologen, Marktforscher und Medienleute haben sich der Erkenntnisse bereits bedient. Bislang waren solche Tests aber aufwendig und teuer. „Die Versuchspersonen wurden Labore eingeladen und dort einzeln getestet“, erzählt Antje Venjakob, die sich die Geschäftsführung von Oculid mit Stefan Ruff teilt.
Eye-Tracking mithilfe der Handykamera
Die Berliner haben dagegen ein Verfahren entwickelt, dass die Handykamera nutzt, um die Augenbewegung der Online-Nutzer zu erfassen. „So erfahren wir, wie Menschen zum Beispiel Webseiten oder Marketingkampagnen durch mobile Endgeräte wahrnehmen“, erklärt die Gründerin. „Und wir können sie in ihren eigenen vier Wänden testen – überall auf der Welt.“
Für große Unternehmen wie Ikea, Coca Cola und Zalando, die international tätig sind, eine große Kostenersparnis. Die Testpersonen werden von den Unternehmen vorab ausgewählt und kontaktiert. „Für Unternehmen können hierbei besonders loyale Kunden oder auch Neukunden interessant sein – je nach Fragestellung“, so Venjakob. Auf der Webseite von Oculid können Unternehmen danach ihren Test erstellen, ausführen und auswerten. In kürzester Zeit.
Das Interesse an der Technik ist groß. Oculid will daher international expandieren. „Die Niederlande sind besonders interessant“, betont Antje Venjakob, die an der Universiteit van Amsterdam studiert hat und fließend Niederländisch spricht. „Neuromarketing über Eye-Tracking ist hier schon groß und es gibt viele interessante Unternehmen, mit denen wir gerne zusammenarbeiten würden wie Neurensics, Unravel Research, Braingieers.“
Text: Katrin Brodherr
Foto: Oculid/Mark Dolby