Deutsch-niederländische Kooperation revolutioniert Chipproduktion
Der „Deutsche Zukunftspreis 2020“ würdigt ganz nebenbei auch eine deutsch-niederländische Kooperation auf Weltniveau. Die prämierte Schlüsseltechnologie erlaubt den Bau effizienterer und kostengünstigerer Generationen von Mikrochips, die Innovationen wie 5G, Autonomes Fahren und lernfähige Roboter erst ermöglichen.
Ausgezeichnet wurde ein dreiköpfiges Forscherteam: Sergiy Yulin (Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF), Peter Kürz (Zeiss Semiconductor Manufacturing Technology SMT) und Michael Kösters vom Maschinenbauer und Laserpionier Trumpf. Die drei promovierten Physiker leisteten zusammen mit tausenden Entwicklungskollegen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der EUV-Technologie (extrem ultraviolettes Licht) bis zur Serienreife.
Mondlandung per Smartphone?
Bereits heute hat ein Smartphone die millionenfache Rechenleistung des Computers, der 1969 die erste Mondlandung begleitete. Ein kaum fingerkuppengroßer Mikrochip mit mehr 15 Milliarden Transistoren macht’s möglich. Künftige Chip-Generationen benötigen noch weit mehr Rechenleistung, aber mit der bisher eingesetzten optischen Lithographie lassen sich Chips nicht weiter miniaturisieren. Doch die in 20 Jahren von Grund auf neu entwickelte EUV-Lithographie überwindet diese Barriere.
EUV-Licht macht kleinere Chips möglich
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (li) verleiht den Deustchen Zukunftspreis 2020 an (v.l.n.r.) Michael Kösters, Peter Kürz und Sergiy Yulin. (Foto: Ansgar Puden)
Das Problem mit EUV-Licht ist allerdings, dass es von allem absorbiert wird, sogar von Luft. Anders als in der optischen Lithographie üblich, lässt es sich auch nicht durch Linsen formen und fokussieren. Deshalb verfügt ein EUV-System über eine Hochvakuumkammer, in der das Licht über eine Reihe von Präzisionsspiegeln geleitet wird und weit genug läuft, bis es den Wafer erreicht.
EUV-Licht ist sehr schwierig zu erzeugen. Um es herzustellen, schießt der von Trumpf gelieferte, stärkste gepulste Industrielaser der Welt auf vorbeirauschende Zinntröpfchen – 50.000 Mal pro Sekunde. Dabei entsteht ein Plasmablitz mit der gewünschten Wellenlänge von 13,5 Nanometern. Danach fangen Kollektoren das vom Plasma emittierte EUV-Licht ein, bündeln und übergeben es zur Belichtung des Chips an das Lithographiesystem.
DNHK-Mitglied Zeiss entwickelte präzisesten Spiegel der Welt
Die EUV-Lithographie ermöglicht wesentlich kleinere Strukturen als die optische Lithographie bisher. Sie liegen in der Größenordnung von wenigen Nanometern (Millionstel Millimetern) – das entspricht etwa einem Zehntausendstel der Dicke eines menschlichen Haars. „Für diese Hochleistungsoptik haben wir die weltweit präzisesten Spiegel entwickelt. Zum Vergleich: Wenn man einen dieser Spiegel auf die Fläche von Deutschland aufblasen würde, dann wären die größten Abweichungen von der Sollform gerade mal 0,1 Millimeter groß“, erklärt Peter Kürz von Zeiss SMT.
ASML produziert Chips mit der deutschen Technik
Zu einem Gesamtsystem integriert werden der Hochleistungslaser von Trumpf für die EUV-Lichtquelle und das optische System von Zeiss beim niederländischen Unternehmen ASML, Weltmarktführer bei der Herstellung von Lithographiemaschinen für die Chipproduktion. ASML hatte sich explizit zur Unterstützung der EUV-Entwicklung 2016 zu 24,9 Prozent an Zeiss SMT beteiligt und setzt die mit über 2000 Patenten abgesicherte Zukunftstechnologie nun als einziges Unternehmen weltweit ein. Die ASML-EUV-Maschine ist so groß wie ein Schulbus, wiegt 180.000 Kilo und besteht aus über 100.000 Teilen. Die Bedeutung der Neuentwicklung zeigt sich auch am Bemühen der USA, den Export der EUV-Maschinen nach China zu verbieten.
Deutsch-niederländische Kooperation ermöglicht Sprunginnovation
„Die EUV-Technologie ermöglicht als Sprunginnovation weiterhin große Fortschritte in der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit unserem strategischen Partner ASML, Trumpf und Fraunhofer dazu beizutragen“, sagte anlässlich der Preisverleihung Markus Weber, Vorstandsmitglied der Zeiss-Gruppe und Leiter der Sparte SMT. Frits van Hout, Chief Strategy Officer von ASML, sagte, er sei „stolz wie Oskar“, dass die für ASML wichtigen Innovationspartner den Preis bekämen. „Es ist eine Anerkennung unserer Arbeitsweise, bei der wir technologische Durchbrüche in Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten erreichen. Wir vergeben jedes Jahr Aufträge in einer Höhe von über 7,5 Milliarden Euro und davon geht ein Drittel an niederländische und ein weiteres Drittel an deutsche Partner. Das sind Euros, die direkt in die Wirtschaft gepumpt werden und für Arbeitsplätze sorgen und die die Lieferanten stärker machen, um auch für andere Abnehmer zu arbeiten.“
EUV sorgte bei Zeiss und Trumpf bis Ende 2000 für mehr als 3300 Hochtechnologiearbeitsplätze und einen Umsatz von über 1 Milliarde Euro 2019. Man geht davon aus, dass der große Innovationssprung durch die deutsch-niederländische Schlüsselinnovation die Produktion künftiger Chip-Generationen – Speicherchips sollen bald folgen – für dieses und das nächste Jahrzehnt sicherstellt.
Autor: Claas Möller Fotos: Zeiss, Ansgar Pudenz