Mit 3D in den OP
Mit der Mixed-Reality-Brille in den OP: Durch die Software des Hamburger Start-ups ApoQlar haben Ärzte das Innere ihres Patienten vor Augen. Das Programm hilft Chirurgen, sich anatomisch besser zu orientieren, und hat das Potenzial, die Abläufe in Kliniken zu revolutionieren.
Mit zwei Fingern zoomt sich der Chirurg durch Knochen und die darunter liegenden Gewebeschichten. Er sieht die Gefäße und weiß genau, wo gleich das Skalpell anzusetzen ist. Wie das geht? Mittels Künstlicher Intelligenz und Mixed Reality. Darauf beruht die Software Virtual Surgery Intelligence (VSI) von ApoQlar. Sie errechnet aus Hunderten von Bildern aus CT-Scans und MRT-Aufnahmen ein dreidimensionales Hologramm. „Und das lässt sich mit der Hightech-Brille direkt auf den Patienten projizieren“, so Gründer Sirko Pelzl.
ApoQlar geinnt Digitalen Gesundheitspreis
Wie eine Maske kann der Chirurg das 3D-Modell millimetergenau auf das Operationsfeld legen. „Durch die Brille sieht er sowohl das virtuelle Bild als auch den realen Patienten“, erklärt Pelzl das Prinzip von Mixed Reality. Gemeinsam mit Ärzten entwickelt er mit seinem Team das bildgebende Verfahren – und konnte dafür dieses Jahr in Berlin bereits den Digitalen Gesundheitspreis entgegennehmen.
Für die Mediziner sind die Vorteile der innovativen Technik deutlich: Um etwa einen Tumor genau zu lokalisieren, müssen sie sich vor der OP weder den Befund einprägen noch ihren Kopf zu einem Monitor wenden – sie haben über das Display alles direkt vor Augen.
Niederlande sind interessanter Markt
Weltweit arbeiten bereits zehn Krankenhäuser mit VSI. Auch die Niederlande hat Pelzl, der selbst jahrelang bei Philips in Eindhoven gearbeitet hat, im Visier. Das Interesse ist enorm. Denn mit der Software, die auf die HoloLens von Microsoft aufgespielt wird, werden nicht nur Eingriffe präziser, schneller und kostengünstiger. „Sie kann auch die Abläufe in Kliniken digitalisieren und optimalisieren“, verspricht der 42-Jährige. Die Patientenversorgung werde so hochwertiger und der Arbeitsalltag des Personals einfacher.
Kein lästiges Tippen mehr
Das Tippen von Befunden wird durch die Spracherkennungsfunktion der HoloLens überflüssig. Laborwerte und Patienteninfos sind immer abrufbereit. „Patienten können ebenfalls die HoloLens aufsetzen und so über den Eingriff aufgeklärt werden“ erklärt Pelzl. Sogar Spezialisten können zugeschaltet werden: Sie tauchen dann als Hologramm im OP auf. In zehn Jahren, ist sich der CEO sicher, wird die Holomedizin Standard sein.
Text: Ruth van Doornik
Foto: apoQlar