Internet mit WARP-Antrieb
Online gehen? Wird künftig rasendschnell. Und sicher. Absolut sicher, sagen Spezialisten. Überall auf der Welt arbeiten sie am sogenannten Quanteninternet – ein Netzwerk, das Quantencomputer rund um den Globus verbindet. So wie das Internet heute PC’s, Laptops oder Smartphones miteinander kommunizieren lässt. Einem Forscherteam in Delft ist jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen:
das erste Quantennetzwerk mit mehreren Knoten.
Im Sommer haben Ingenieure von QuTech, einer gemeinsamen Organisation der Uni Delft und der niederländischen Forschungseinrichtung TNO, den Beweis angetreten. Sie haben drei Nutzer in Delft und Den Haag per Quantennetzwerk verbunden und über drei Knoten sicher verschlüsselt ein Video austauschen lassen. Eine Weltneuheit. Und eine gute Nachricht für alle, die mit sensiblen Daten umgehen.
Banken etwa warten schon auf das Quanteninternet. Denn dann könnten Geldüberweisungen nicht mehr gehackt werden. Im Moment arbeiten Geldhäuser noch mit kryptografischen Verschlüsselungen, das heißt, sie lassen ihre Daten per Software in einen unleserlichen Zeichensalat verwandeln. Klingt sicher. Aber je schneller Computer werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass Hacker die Übertragung abfangen und entschlüsseln – zum Beispiel mit einem Quantencomputer, wie ihn unlängst IBM in Stuttgart als Europapremiere vorstellte.
Quanteninternet schließt Sicherheitslücke
Das Quanteninternet kann das verhindern. Wie? Durch den Quantenschlüssel. Wer Geld überweisen oder wie im Versuch oben ein Video teilen möchte, sendet dem Empfänger zunächst ein Sicherheitsprotokoll. „Ist dieser Quantenschlüssel einmal erfolgreich geteilt, haben Unbefugte keinen Zugriff mehr auf die Kommunikation“, erklärt QuTech-Projektleiter Joshua Slater. Und wenn Cyber-Kriminelle schon die Übertragung des Quantenschlüssels hacken wollen? „Dann wird die Übertragung gestört und die Benutzer wissen, dass sie diesen Schlüssel nicht benutzen können.“
Solche Quantenschlüsselaustauschsysteme, kurz QKD, gibt es bereits. Allerdings sind sie bislang nur schwer skalierbar gewesen. Das Delfter QKD ist dagegen in der Lage, viele Nutzer miteinander zu verbinden. Eine wichtige Grundlage für eine Quantennetzwerk-Infrastruktur. Denn das Internet, das 1969 zunächst nur Großrechner von Universitäten und Forschungseinrichtungen verband, wird heute von Millionen genutzt. Dem Quanteninternet wird eine ähnliche Entwicklung bevorstehen.
Delfter Erfolg ist ein Meilenstein
Für die Niederlande ist der Delfter Erfolg daher ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Silicon Valley der Quantentechnologie. Diese Marschroute gibt eine Nationale Agenda zum Thema vor, für welche die Regierung 2020 mehr als 23 Millionen Euro bereit stellte. Neben QuTech, wo über 200 Forscher und Entwickler gemeinsam arbeiten – darunter auch die deutsche Spezialistin für Quanteninformation Stephanie Wehner – wurden auch in Amsterdam, Leiden, Eindhoven, Twente, Nijmegen, Groningen und Utrecht Quanteninitiativen eingerichtet.
Das Besondere am niederländischen Vorgehen ist dabei das Zusammenspiel von Forschung und Wirtschaft. So sind an den praktischen Entwicklungen von QuTech wie dem Quantennetzwerk auch der niederländische Telekommunikationskonzern KPN und der US-amerikanische Technologieriese Cisco Systems beteiligt. Eine Win-Win-Konstellation, die sich anschickt, richtungsweisend zu werden.
Text: Katrin Brodherr
Foto: Adobe/Drhitch