Der Eurovision Song Contest wird ganz anders sein: Wegen COVID-19 sind in Rotterdam nur 3.500 Zuschauer zugelassen. Der Vorfreude tut das keinen Abbruch – in den Niederlanden genauso wie in Deutschland. Doch wer von den beiden hat den Wettbewerb eigentlich stärker geprägt? Unser Rückblick zeigt’s.
Der Eurovision Song Contest ist eine Idee des Franzosen Marcel Baison. Er wollte den Erfolg des italienischen San Remo Festivals, dessen Premiere 1952 stattfand, für Europa replizieren. Die Idee war, Musik aus verschiedenen Ländern im Nachkriegseuropa zu verbinden. Am Anfang nahmen sieben Länder teil: Belgien, Luxemburg, Vereinigtes Königreich, Italien, Niederlande, Bundesrepublik Deutschland und Schweiz. Heutzutage sind es 41 – darunter auch nicht-europäische wie Israel, Australien, Island, Georgien und Aserbaidschan.
Und wer hat den Eurovision Song Contest öfter gewonnen?

Lena Meyer-Landrut
Die Niederlande: Unsere Nachbarn siegten nicht weniger als fünf Mal. 1957 mit dem Song von Corry Brokken ‚Net als toen‚. 1959 folgte Teddy Scholten mit ’n’Beetje‘, 1969 Lenny Kuhr mit ‚The Troubador‚, 1975 Teach-in mit ‚Ding-a-dong‚ und 2019 Ducan Laurence mit ‚Arcade‘. Auch wenn Deutschland den Eurovision Song Contest nur zwei Mal gewonnen hat, waren die deutschen Beiträge durchaus erfolgreich. 35 der ingesamt 63 Teilnehmer kamen bislang unter die Top Ten, zwei Mal reichte es sogar fürs Siegertreppchen: 1982 gewann Nicole mit „Ein bißchen Frieden“ als erste Deutsche, 2010 vereinte Lena Meyer-Landrut mit „Satellite“ die meisten Stimmen auf sich.
Der Sieger des Eurovision Song Contest darf den Wettbewerb im darauffolgenden Jahr ausrichten. Ist das ein eigentlich ein lohnendes Geschäft?
Es ist nicht genau bekannt, wieviel die Niederlande für den Eurovision Song Contest ausgeben werden. Grobgeschätzt etwa 30 Millionen Euro. Das klingt nach einer hohen Summe. Verglichen mit anderen Ländern sind die Kosten allerdings durchschnittlich. Aserbaidschan, der Song-Contest-Gewinner von 2011 gab zum Beispiel n 52 Millionen Euro für die Ausrichtung im folgenden Jahr aus – der höchste Betrag, der jemals für den Eurovision Song Contest ausgegeben wurde. Die niedrigsten Ausgaben verzeichnete Schweden 2016 mit 15 Millionen Euro.
Welche Kosten fallen eigentlich an?
Zum einen die Kosten für die TV-Übertragung: Sie kostet 62.000 Euro pro Stunde. Zum Vergleich: Heel Holland Bakt kostet 70.000 Euro pro Stunde. Finanziert wird dies aus mehreren Quellen: Die öffentlich-rechtliche Rundfunkgruppe NPO stellt einen noch nicht näher bekannten Teil ihres Jahresbudgets von 780 Millionen Euro dem übertragenden Sender AVROTROS zur Verfügung. Weitere sechs Millionen Euro kommen von der Europäischen Rundfunkunion (EBU), ein Zusammenschluss von 72 Sendern in 56 Staaten, deren gemeinsame Übertragungen mit der bekannten Eurovisions-Fanfare beginnen. Auch die Stadt Rotterdam zahlt mit in den Finanzierungstopf ein – wieviel genau ist nicht bekannt.

Ahoy – Eurovision Song Contest 2021
Darüber hinaus zahlen auch alle am Wettbewerb teilnehmenden Länder insgesamt 5,2 Millionen Euro in den Topf – und zwar nach dem Solidaritätsprinzip. Reichere Länder zahlen mehr als ärmere. Die neun reichsten Länder erhalten dabei im Gegenzug die Garantie, dass sie in die Finale kommen. Etwa 90 Prozent aller eingehenden Gelder aus dem Ausland werden für die Produktion des Wettbewerbs ausgegeben, das restliche Geld fließt an die EBU und ihre Partner zurück. Der übertragende Sender erzielt mit dem European Song Contest also kein Gewinn.
Neben der Übertragung muss natürlich auch das Event selbst finanziert werden: Die 30 Millionen Euro, welche die Niederlande voraussichtlich ausgeben werden, werden von mehreren Parteien finanziert. Dem gegenüber steht die Werbewirkung für die Stadt Rotterdam, die auf rund 28 Millionen Euro geschätzt wird. Außerdem soll der Eurovision Song Contest 200 indirekte Arbeitsplätze schaffen und auch für Hotels und Gastronomie ein Umsatzplus bedeuten. Durch COVID-19 werden allerdings in Rotterdam nicht alle normalerweise möglichen Gewinne erzielt werden.
In welchen niederländischen und deutschen Städten hat der Eurovision Song Contest bisher stattgefunden?
Im Jahr 1957 wurde der Eurovision Song Contest in Frankfurt am Main ausgetragen. Später kamen noch München und Düsseldorf zum Zuge. Vor der deutschen Wiedervereinigung wurde das Land als „Bundesrepublik Deutschland“ vorgestellt. Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) hat nicht am Eurovision Song Contest teilgenommen, wohl aber am Intervision Song Contest. Dies ist ein internationaler Musikwettbewerb, an dem sowohl postsowjetische Länder als auch Mitglieder der Shanghai Cooperation Organization teilnehmen. In den Niederlanden fanden frühere Editionen in Den Haag, Amsterdam und zweimal in Hilversum statt.
In diesem Jahr wird das Festival zum größten Teil ohne Live-Show und Publikum stattfinden. Hinter den Kulissen wurde viel Arbeit geleistet, um den Eurovision Song Contest zu einem großartigen Ereignis zu machen. Ich werde auf jeden Fall zuschauen. Werden Sie?
Text: Hannah Teitink
Foto Lena Meyer-Landurt: Daniel Kruczynski
Foto: Ahoy: Ahoy