Ein Banker als Mittelständler
Er ist gelernter Bankkaufmann, hat als Vermögensverwalter Karriere gemacht und ist jetzt eine der deutschen Hoffnungen auf innovative Batterielösungen: Jan IJspeert. Inzwischen hat der Niederländer zwei deutsche Traditionsunternehmen gerettet und plant mit einem internationalen Konsortium gerade den nächsten wegweisenden Schritt: den Bau einer Fabrik für Kochsalzbatterien.
Seit mehr als 120 Jahren ist die BAE Batterien GmbH Spezialistin für hochwertige Bleibatterien. Dabei wäre 2005 beinahe alles aus gewesen. Das Unternehmen stand vor der Insolvenz. Die Rettung kam aus den Niederlanden. Jan IJspeert sah die Ausschreibung, in der die Berliner Firma einen neuen Investor suchte. Ihn reizte die Herausforderung, das Traditionsunternehmen gemeinsam mit zwei Investoren aus der Batteriebranche zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Nachdem der niederländische CEO die Firma nicht reorganisieren konnte, übernahm IJspeert Anfang 2007 auch die Verantwortung als Geschäftsführer.
Neuausrichtung: weg vom Massenmarkt
Jan IJspeert, CEO von BAE Batterien GmbH
Seine Familie reagierte wenig begeistert. Als Banker in eine alte Fabrik wechseln und dann noch so weit weg von zuhause? Zum Glück für BAE konnte IJspeert Frau und Kinder überzeugen. Der Batteriehersteller wurde gerettet und erzielt mit rund 170 Mitarbeitern inzwischen wieder 30 Millionen Euro Umsatz jährlich. Das Rezept des Niederländers: raus aus den Massenmärkten, auf denen man als kleiner Mittelständler kaum konkurrenzfähig ist. BAE Batterien versteht sich fortan als Premiumhersteller für Nischen. Seine wichtigste Entscheidung, wie der CEO selbst sagt.
Das Kerngeschäft von BAE liegt seitdem in der Herstellung von Bleibatterien für stationäre Anlagen, insbesondere dort, wo Strom ohne Unterbrechung fließen muss: zum Beispiel für Datenzentren, Krankenhäuser, Energieversorgungs- oder Telekommunikationseinrichtungen. Hier sind gute Notstromsysteme überlebenswichtig – und die Unternehmen folglich bereit zu investieren. Gut für BAE, sagt IJspeert: „Wir sind überall dort erfolgreich, wo Unternehmen höchste Qualität und Zuverlässigkeit schätzen.“
Ein zweites Standbein für BAE ist Energiespeichertechnologie für Solar- und kleinere Windkraftanlagen, insbesondere in abgelegenen Gebieten, wo es keine Stromnetze gibt. Damit unterstützt der Mittelständler die weltweit erforderliche Energiewende. Auch für Privathaushalte gibt es mit dem Batterieschrank Sundepot ein Angebot, um selbstproduzierten Solarstrom zu speichern.
Große Wachstumsmöglichkeiten auf dem deutschen Markt
80 Prozent ihres Umsatzes erzielen die Berliner dabei mit dem Export. Wichtigste Märkte sind Nordamerika, also die USA und Kanada, aber beispielsweise auch Australien, Vietnam und Ägypten. In Europa bieten auch Belgien und die Niederlande gute Absatzchancen. Darum ist BAE auch Mitglied der Deutsch-Niederländischen Handelskammer. Und im deutschen Markt? Da gibt BAE „Vollgas“, wie der in Harderwijk in der Provinz Gelderland geborene Firmenchef sagt.
Erst im Mai dieses Jahres haben die Berliner die MOLL Batterien GmbH im bayrischen Bad Staffelstein übernommen. Der Automobilzulieferer ist auf Starterbatterien auf Blei Säure-Basis spezialisiert und beliefert unter anderem VW. „BAE und MOLL ergänzen sich strategisch und haben gemeinsam großes Wachstumspotenzial“, erläutert Jan IJspeert die Akquisition.
Alternative zu Lithiumbatterien schaffen
Und er hat weitere große Pläne: die Wiederbelebung der Kochsalzbatterien, auch ZEBRA-Batterie genannt. Diese Energiespeicher auf Kochsalz-Basis wurden 1970 vor allem für die Rüstungsindustrie entwickelt. In den 1990er Jahren stellte unter anderem Daimler-Benz damit E-Fahrzeuge her. Das Projekt wurde jedoch vor der Jahrtausendwende eingestellt. Jan IJspeert sieht in den ZEBRA-Batterien große Vorteile. Sie brennen und explodieren nicht. Sie verlieren nicht an Leistung. Und sie können vollständig wiederverwertet werden.
„Anders als Lithium-Akkus bestehen sie außerdem aus Rohstoffen, die in Europa verfügbar sind“, so der BAE-Chef. Gemeinsam mit dem Projektlead DPU Investment und weiteren internationalen Partnern hat er deshalb das Konsortium CSE gegründet. Das Ziel: eine innovative Batteriefabrik in Berlin aufzubauen, die für stationäre Energiespeicher eine echte Alternative zu Lithiumbatterien bieten kann. 39 Millionen Euro will das Konsortium investieren und so bis zu 380 Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Ende kommenden Jahres soll das Werk in Betrieb gehen. Geplante Jahreskapazität: 300 Megawattstunden. Ab 2026 soll es eine Gigawattstunde sein – genug, um jedes Jahr rund zehn Millionen Batteriezellen herzustellen.
Batteriemarkt der Zukunft
Für IJspeert steht fest, dass nicht die Elektromobilität, sondern die stationäre Speicherung von Energie der größte Batteriemarkt der Zukunft ist. „Mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele 2030/2050 sollten daher künftig keine Lithiumbatterien in dem Bereich eingesetzt werden“, mahnt der BAE-Chef und verweist auf die mit der Lithium-Gewinnung einhergehenden Umweltschäden sowie die Kinderarbeit beim Abbau von Kobalt, beides in Afrika. „In Deutschland mehren sich daher die Stimmen in Politik, Wirtschaft und Forschung, die Strategie von Bundesminister Peter Altmaier zum Aufbau von Lithium-Batterieproduktionen mit Milliarden Steuergeldern zu hinter fragen und stattdessen auf eine technologieoffene Förderung zu setzen.“
Text: Katrin Brodherr
Foto: BAE Batterien
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