Die Reisebranche rät: „Bleiben Sie zuhause, aber träumen Sie!”
Die niederländischen Tulpenfelder sind tabu, Museen, Restaurants und Cafés bleiben vorerst geschlossen. Wenn zwei Branchen durch die Coronakrise hart getroffen werden, dann sind es die Kultur- und die Tourismusbranche. Wie schaffen es Reiseunternehmen, Hotels und Vergnügungsparks durchzuhalten? Mit Change Management, Innovation und Kreativität, sagt Anke Dorenbos von DNHK-Mitglied The Dutch & German Connection.
„Der Entstehung der ersten kreativen Ideen geht ein ganzer Prozess voran”, sagt Anke Dorenbos, Gründerin von The Dutch & German Connection. Sie berät Unternehmen im Bereich Tourismus und Kultur und erstellt kreative Kampagnen auf dem deutschen und niederländischen Markt. Sie erklärt, dass die erste Reaktion in einer Krise oft der Schock ist. „Unternehmen aus der Tourismusbranche werden von einem Tag auf den anderen alles stillzulegen und die Türen zu schließen”, sagt sie. „Dann stockt erst einmal alles und man muss sich – auch intern – neu organisieren. Die neue Situation muss untersucht und ausgewertet werden. Auf dieser Basis kann man dann mögliche Zukunftsszenarien sowie dazu passende Kommunikationsstrategien entwickeln. Dabei gibt es keine Sicherheiten. Zum ,alten Normalzustand’ führt kein Weg zurück, wir müssen uns mit einem ,neuen Normalzustand’ auseinandersetzen – mit neuen Rahmenbedingungen, neuen Zielgruppen und veränderten Verbrauchererwartungen. Die Unternehmen in der Tourismusbranche passen sich dieser Entwicklung mit einer neuen Ausrichtung, neuen Produkten- und Strategien an.”
Sichtbar bleiben
Auch in der Krise ist es wichtig, sichtbar zu bleiben und Interessenten an sich zu binden. So bietet die Stadt Hannover zum Beispiel virtuelle 360°–Städtetouren an, in denen man die 46 Highlights der Stadt und der Umgebung digital erleben kann. Die in den Niederlanden am härtesten getroffene Provinz, Brabant, ruft mit der Kampagne „Gib Brabant Farbe” dazu auf, sich kreativ zu betätigen. Die Kampagne besteht aus Themenbildern der Provinz, die man aus dem Internet herunterladen kann, zum ausmalen und teilen. „Tolle Initiativen, mit denen man auch von zuhause aus neue Orte entdecken kann. Reisen ist ja derzeit einfach nicht möglich.”
Träume von deinem nächsten Urlaub
Die gebürtige Deutsche wohnt schon seit mehr als zwanzig Jahren in den Niederlanden und kennt daher den deutschen genauso wie den niederländischen Markt gut. „Im Tourismus sind die Unterschiede weniger groß als in anderen Branchen”, meint sie. „Allerdings unterscheidet sich Ansprache deutscher oder niederländischer Kunden deutlich. In der Krise ist es wichtig, gegenüber Geschäftspartnern und Gästen den richtigen Ton zu treffen. Sei empathisch, aber zeige auch, was Du im Hintergrund für den Kunden leistest und welche Alternativen Du bieten kannst.” Die Menschen müssen zwar zuhause bleiben – aber dass heißt nicht, dass sie nicht träumen dürfen. „Schick die Gedanken in den Urlaub. Und komm bald nach!“ lautet der Slogan des Landes Mecklenburg-Vorpommern. „Wir sitzen alle im selben Boot”, sagt Dorenbos. Deshalb herrscht überall Verständnis für die Maßnahmen, die der Tourismussektor ergreifen muss.”
Gesellschaftliches Umdenken
Aber Umdenken geht auch ganz anders: Hotels, die ihre Betten Krankenhäusern zur Verfügung stellen, oder ihre Zimmer als flexible Büros zur Verfügung stellen. So finden die Unternehmen doch noch Abnehmer für ihr Angebote und Produkte, die jetzt einen größeren Wert haben können als zuvor. Unter dem Motto „Omtinken in Friesland” präsentiert die Provinz Friesland erfinderische Initiaven lokaler Unternehmer. Auch die Provinz Flevoland ruft auf der Webseite #Blijfthuis dazu auf, lokale Unternehmen zu unterstützen – zum Beispiel durch die Nutzung neuer Drive-In-Angebote bei Landwirten und Restaurants.
Eineinhalb Meter-Tourismus
Laut Dorenbos sind außer Innovation auch Transparenz und Information wichtige Erfolgsfaktoren. Deutschland und die Niederlande seien hier mit ihrem guten Gesundheitswesen im Vorteil. „Die Gesundheit der Verbraucher steht an erster Stelle. Informiere sie darüber, was geht und was nicht. Und welche Schutzmaßnahmen aktuell gelten.”
Wann wir wieder reisen können? Das sei schwer einzuschätzen und werde in Etappen vor sich gehen: zunächst mit Tagesausflügen und Urlaub im eigenen Land. Weite Reisen kämen erst ab 2021 wieder in Gang, meint Dorenbos. „Wir müssen uns jetzt an die neue Realität und die Einschränkungen, die sie mit sich bringt, anpassen.” In den drei nördlichen Provinzen Groningen, Friesland und Drenthe laufen mit einer Ausschreibung für kreative Konzepte schon Vorbereitungen an. Sie sollen dem Eineinhalb Meter-Tourismus Impulse geben. Denn auch wenn es digital viele Möglichkeiten gibt, für ein echtes Erleben braucht man alle Sinne, und ein Museumbesuch dauert eben bis zur Tasse Kaffee im Museumcafé.
Text: Hendrike Oosterhof
Foto: Dutch & German Connection
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