Das Einleben in eine neue Kultur braucht Zeit – auch wenn man „nur“ in das Nachbarland zieht
Sie kommt aus Deutschland, spricht fünf Sprachen und lebt und arbeitet seit sechzehn Jahren in den Niederlanden. Ein Land, das sie sofort lieben gelernt hat und in dem sie sich zu Hause fühlt. Dennoch brauchte Dani Buijtenhek eine Weile, um sich an die niederländische Arbeitsweise zu gewöhnen. Wir sprachen mit ihr über die deutsch-niederländischen Kulturunterschiede und wie sie als Deutsche in den Niederlanden ihr Kommunikationsunternehmen danibu gegründet hat.
Dani, wie hast du deine erste Zeit in den Niederlanden erlebt?
Ich mag die niederländische Offenheit, obwohl ich sie am Anfang etwas schroff fand. Meine erste Erfahrung mit meinen Nachbarn war zum Beispiel nicht gerade angenehm. Ich war erst ein paar Tage in den Niederlanden und das Telefon musste angeschlossen werden. Das verursachte morgens etwas Lärm. Ein Nachbar fühlte sich offenbar davon gestört und klingelte. Bevor ich es merkte, hatte er bereits einen Eimer Wasser über mich geschüttet. Viel direkter kann man nicht werden. Das ist natürlich ein extremes Beispiel, aber dadurch habe ich die Direktheit der Niederländer schnell kennengelernt.
Das ist ziemlich heftig! Wie ist es beruflich gelaufen?
Auch beruflich brauchte ich Zeit, um die Arbeitskultur kennen zu lernen. Mein erster Job in den Niederlanden war als Expat für DSM. Bei einer Beurteilung dort wurde mir gesagt, dass ich mich ganz gut mache. In meinen (perfektionistischen) deutschen Ohren klang „ziemlich gut“ jedoch eher wie „schlecht“. Erst später erfuhr ich, dass ich eine der besten Bewertungen erhalten hatte – in den Niederlanden werden Einsen in der Regel nicht vergeben: Wenn man eine Zehn wert ist, bekommt man eine Sieben. Es dauerte etwa zwei Jahre mich an diese kulturellen Unterschiede zu gewöhnen. Man kann hundert Bücher über eine andere Kultur lesen, aber man muss sie wirklich selbst erleben, um sie zu verstehen.
Aber du bist geblieben?
Ja, trotz meiner etwas bizarren Begegnung mit dem Nachbarn (die übrigens ganz gut ausgegangen ist – wir sind immer noch befreundet), finde ich die Niederlande sehr gastfreundlich, und es ist auch für Unternehmer einfach, ein Unternehmen zu gründen.
Wie war es, ein Unternehmen in den Niederlanden zu gründen?
Ein Sprung ins kalte Wasser – aber das wird für einen Niederländer nicht anders sein. Nach 25 Jahren Arbeit als Kommunikationsexperte in verschiedenen internationalen Unternehmen auf der ganzen Welt, wie Danone, Roche, Adidas und DSM, entschied ich mich, einen neuen Weg einzuschlagen und mich selbständig zu machen. Ich bin beruflich in der ganzen Welt herumgereist (was großartig war), aber ab einem bestimmten Punkt wollte ich mehr Stabilität. Wenn man sich entschließt, sein eigenes Unternehmen zu gründen, stellt sich zunächst die Frage: Wie fange ich an? Ich wusste nicht einmal, wofür die Abkürzungen „KVK“ und „btw“ stehen! Glücklicherweise ist der innovative „Unternehmergeist“ in den Niederlanden viel ausgeprägter als in Deutschland, und ich habe einen niederländischen Ehemann, der viel über Unternehmertum weiß.
Aber in den Niederlanden gibt es viele Kommunikationsexperten?
Ja, daher musste ich erst meine Nische finden. Ich spreche fünf Sprachen und habe viel Erfahrung mit internationaler Kommunikation und Unternehmensübernahmen (Post-Merger/Integrations-Kommunikation) – in diesem Bereich wollte also ich mein Glück versuchen. Ich habe sofort begonnen, zusammen mit einem Branding-Experten ein Brand Book und einen Businessplan zu erarbeiten. Als Marketing- und Kommunikationsprofi wusste ich, wie ich mich gut vermarkten konnte. Deshalb habe ich mein Unternehmen danibu immer so geführt, als wäre es ein AEX.
Und du bist Mitglied der Deutsch-Niederländischen Handelskammer?
Seit der Gründung von danibu und immer noch mit großer Freude! Die Deutsch-Niederländische Handelskammer ist das beste Beispiel dafür, dass sich Deutschland und die Niederlande perfekt ergänzen. Ich sehe die DNHK als Vermittler, sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht. Ich finde es lustig, dass man bei Veranstaltungen immer wieder die gleichen Klischees hört, z. B. über kulturelle Unterschiede. Die DNHK ist der Leim, der die Geschichten zusammenhält: das Beste aus beiden Welten.
Wie integrierst du diese verschiedenen Kulturen in deine Trainingseinheiten?
Das hängt sehr stark von der Zusammensetzung der Gruppe ab. Es sind nicht immer Deutsche und Niederländer, die an meinen Schulungen teilnehmen. Manchmal organisiere ich Schulungen mit dreizehn verschiedenen Nationalitäten. In der internationalen Kommunikation ist es besonders wichtig, dass man seine Zielgruppe versteht – in meinem Training beginnt dies bereits bei den Teilnehmern selbst. Jede Kultur hat ihre eigenen Stereotypen, zum Beispiel, dass Italiener nie pünktlich sind oder dass die Niederländer unentschlossen sind. Wenn dies zu negativen Assoziationen führt, müssen diese zum Ausdruck gebracht werden. Stimmen die Stereotypen? Und wie versteht der Italiener selbst die Zeit? Ich weiß nicht im Voraus, ob eine Gruppe dafür offen sein wird.
Wie bringst du die Teilnehmer überhaupt dazu, sich zu Stereotypen zu äußern?
Ich biete den Teilnehmern eine Plattform, auf der sie ihre (Vor)urteile austauschen können, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Dabei geht es hauptsächlich um drei Themen: Kultur, Charakter und Geschlecht. Man sieht immer wieder die gleichen Klischees und darauf möchte ich die Teilnehmer aufmerksam machen. Durch die Diskussion lernen die Teilnehmer beispielsweise, warum Frauen anders kommunizieren als Männer und warum ein Deutscher anders an ein Projekt herangeht als ein Niederländer. Oft höre ich nach der Schulung, dass sie nicht nur den Kollegen besser verstehen, sondern auch ihren eigenen Mann oder ihre eigene Frau. Das ist schön zu hören.
Woran müssen Deutsche und Niederländer denken, wenn sie zusammenarbeiten?
Die Deutschen müssen bei Geschäften mit den Niederländern vorausdenken. Für viele Niederländer kann es gar nicht innovativ und schnell genug sein. Hierarchie ist weniger wichtig – so wird beispielsweise die Top-Frau von Shell Niederlande, Marjan van Loon, in niederländischen Fernsehsendungen einfach mit dem Vornamen angesprochen. Das beseitigt Barrieren.
Und andersherum?
Wenn sie mit Deutschen Geschäfte machen möchten, müssen die Niederländer zunächst ihr Vertrauen gewinnen. Das gelingt, wenn man seine bisherigen Erfolge erwähnt: An welchen erfolgreichen Projekten war man beteiligt? Verfügt man dadurch über besondere Kenntnisse? Die Deutschen lieben Details, besonders im technischen Bereich. Es gibt einen Grund, warum sie so viel erfunden und eine starke Industrie aufgebaut haben. Außerdem sind die Deutschen formeller – dies gilt auch (vielleicht in geringerem Maße) für Start-ups.
Mittlerweile kennst du beide Nationalitäten sehr gut. Gibt es etwas, das du nach all den Jahren in den Niederlanden an Deutschland vermisst?
In den Niederlanden geht alles schnell. Innovation ist schön, aber es ist auch in Ordnung, sich eine Weile zurückzulehnen, bevor man auf einen neuen Trend reagiert – das kann Stress abbauen. Ich glaube, dass man in Deutschland mehr Ruhe findet. Aber wie gesagt, ich fühle mich hier zu Hause und werde noch eine Weile bleiben!
Text: Hendrike Oosterhof
Foto: danibu
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