Alles Käse?
Niederländer lieben Käse, Deutsche Bratwurst. Manche Klischees halten sich unerbittlich. Doch wo liegen die wahren Unterschiede und Vorlieben mit Blick auf die Esskultur der Nachbarländer? Und was sind die Food-Trends? Wir haben bei Susanne Tjahjadi-Lo, Dozentin an der Fachhochschule Arnhem und Nijmegen, nachgefragt.
Die Niederlande und Deutschland grenzen aneinander. Warten da wirklich so viele Fettnäpfchen beim Besuch im Nachbarland?
Susanne Tjahjadi-Lo: Es kann schon Überraschungen geben. Wenn Deutsche zum Beispiel zum Kaffee einladen, erwarten sie nicht, dass der niederländische Besuch um 10 Uhr vor der Tür steht. Doch genau das passiert. Denn „koffietijd“ ist in Holland morgens, nicht nachmittags.
Das ist in der Tat verwirrend!
Ja. Oft sind Niederländer wiederum überrascht, wenn ihnen nach einem Meeting in Deutschland gegen zwölf Uhr ein Drei-Gänge-Menü serviert wird. Mittagstisch? Kennt man nicht. Warm wird in den Niederlanden abends gegessen. Zum Lunch gibt’s belegte Brote.
Und was sind typisch niederländische Gerichte?
Zu den Klassikern gehören zum Beispiel Bitterballen, Erbsensuppe oder Stamppot – ein Eintopfgericht aus Kartoffeln, Gemüse, Speck und Wurst. Aber unsere Nachbarn haben natürlich eine koloniale Vergangenheit. Das spiegelt sich auch im Sortiment der Supermärkte wieder. Hier finden sich alle Zutaten für surinamische oder indonesische Gerichte. Aber auch der Einfluss der arabischen und französischen Küche ist groß. Generell lieben die Niederländer die Weltküche.
Sind die Deutschen hier weniger offen?
Sie haben einfach eine andere Geschmacksprägung. Linsencurry ist in den Niederlanden zum Beispiel sehr populär, den Deutschen ist dieses Gericht häufig zu scharf. Viele Rezepturen werden daher für den deutschen Markt angepasst – und damit milder. Die deutsche und niederländische Esskultur kennt aber auch viele Gemeinsamkeiten. In beiden Ländern geht der Trend weg von Fleischprodukten hin zu mehr vegetarischen Varianten. Insgesamt steigt die Wertschätzung von Lebensmitteln.
Können Sie uns etwas mehr über die Foodtrends der beiden Länder erzählen?
Meiner Beobachtung zufolge geht der Trend in Deutschland zu noch mehr veganen und glutenfreien Lebensmitteln. Bei den Snacks sind Produkte aus dem Meer – wie Seegras populär. Im Kommen sind auch exotische Früchte wie die Schwarze Sapote – sie schmeckt wie Schokolade.
Was ist in den Niederlanden hipp?
Gemüse spielt die Hauptrolle. In den Supermarktregalen findet sich immer mehr pflanzliche Milch, beispielsweise aus Reis, Hafer oder Mandeln. Auch Foodboxen – also Pakete, in denen alle Zutaten für eine frische Mahlzeit stecken – sind ein Verkaufsschlager. Niederländer reisen gerne. Das erklärt, warum Streetfood und Foodhallen so erfolgreich sind – wer hier isst, holt sich das Feriengefühl der fernen Länder nach Hause.
Müssen Unternehmen, die ihre Produkte auf beiden Märkten bekannt machen wollen, auch auf unterschiedliche Werbestrategien setzen?
Sicher. Die Commercials unterscheiden sich deutlich. In den Niederlanden wird informell, mit Humor und oft über den Preis geworben. Da gibt es dann „Zwei-zum-Preis-von-einem-Angebote“ oder „Hamsterangebote“, die im wahrsten Sinne des Wortes zum Hamstern einladen. In Deutschland stehen Produktqualität, Information sowie Loyalität und Qualität zentral.
Welche Kulturunterschiede im Geschäftsleben wichtig sind, weiß die Deutsch-Niederländische Handelkammer. Werfen Sie ein Blick in unser Seminarprogramm, wir bieten regelmäßig Kurse zum Thema an.
Text: Ruth van Doornik