Auf der Suche nach dem nächsten großen Ding
Was Auto, E-Mail und Smartphone verbindet? Sie haben die Welt verändert. Doch radikale technologische Neuerungen kamen zuletzt weniger aus Deutschland. Das soll sich ändern: Mit der „Agentur für Sprunginnovationen“ will die Bundesrepublik wieder Zukunft schreiben.
Im Auftrag der Regierung Genies finden und ihre bahnbrechenden Ideen schnell zum Markterfolg bringen – so könnte man die Aufgabe von Rafael Laguna de la Vera in aller Kürze umschreiben. Der erfolgreiche Unternehmer ist von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek zum Gründungsdirektor der neuen „Agentur für Sprunginnovationen“ berufen worden, die im Oktober ihren Betrieb in Leipzig aufgenommen hat. Mit einem Budget von 1,15 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre soll vor allem eines gelingen: die Innovationsführerschaft der deutschen Wirtschaft im nationalen Umfeld zu sichern.
Deutsche Start-ups in Deutschland behalten
Denn zu oft passiert eines: In der entscheidenden Wachstumsphase eines Start-ups fehlt die Finanzierung. „Das endet dann häufig so, dass diese Start-up-Perlen von ausländischen Unternehmen übernommen werden – und die Wertschöpfung somit das Land verlässt“, sagt Laguna in einem Interview nach seiner Berufung. Bestes Beispiel: Das Musikkomprimierungsformat MP3 wurde zwar in Deutschland entwickelt, Geld verdienen heute aber vor allem internationale Player wie Apple oder Spotify. Ziel ist es, die Start-ups nicht nur zu fördern, sondern auch in Deutschland zu halten
Eine wichtige Aufgabe der Agentur wird es daher sein, Forschungsansätze herauszufiltern, die das Potenzial haben, alte Geschäftsmodelle völlig auf den Kopf zu stellen. Dafür brauche es eine „Nase für Hipos“, betont der gebürtige Leipziger Laguna. Gemeint sind damit High Potential Persons, die mit ihrer Idee noch kein Umfeld zur Umsetzung gefunden haben. Im Rahmen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) soll ihre Vision dann zügig realisiert werden.
Gründer erhalten professionelle Unterstützung
Gleichzeitig werden die Entrepreneure durch erfahrene Unternehmer gecoacht sowie im kaufmännischen, administrativen oder juristischen Bereich unterstützt. Obendrauf gibt es Kontakte zur Industrie, Politik, Finanzwirtschaft und Medien. Laguna, der an der Harvard Business School Betriebswirtschaft studiert hat und bei seinem eigenen Unternehmen Open-Xchance 270 Menschen beschäftigt, bringt hier selbst einige Erfahrung mit.
Sitz der Agentur, bei der 35-50 Personen beschäftigt sein werden, wird Ostdeutschland. „Leipzig ist bereits heute ein innovationspolitischer Leuchtturm. Die Agentur für Sprunginnovationen wird die Strahlkraft der Stadt nun noch erhöhen“, sagte Wirtschaftsminister Altmaier bei der Standortverkündung.
Kein Mangel an deutsche Kreativität
Laguna möchte in seiner Funktion auch Brücken schlagen – zwischen Forschung und Wirtschaft. Noch immer seien Professor und Unternehmer Schimpfworte auf der jeweils anderen Seite. „Ich will dafür sorgen, dass es cool ist, tolle Ideen aus der Wissenschaft erfolgreich zu machen.“ Schon jetzt sind drei Pilotinitiativwettbewerbe zu den Themen „Energieeffizientes KI-System“, „Organersatz aus dem Labor“ und „Weltspeicher“ gestartet. Und an Visionen für das nächste große Ding fehlt es in Deutschland offenbar nicht. Dem Handelsblatt sagte Laguna jüngst, dass er stapelweise Ideen zugeschickt bekomme.
Text: Ruth van Doornik
Foto. Africa Studio